Information

Sicherheit steht an erster Stelle, dann kommt der Datenschutz ohne Sicherheitslücken - Nach jedem Terroranschlag werden Forderungen laut, den Datenaustausch zwischen den Behörden zu verbessern. Mit seinen jüngsten Äußerungen stößt Innenminister de Maizière jedoch auf heftige Kritik.

DatenschutzErst die fehlende Vorratsdatenspeicherung, dann die Verschlüsselung, jetzt der Datenschutz: Nach jedem Terroranschlag in Europa suchen Sicherheitspolitiker nach einer Ausrede, warum die Terroristen nicht rechtzeitig gestoppt werden konnten. Nun wird diskutiert, ob aufgrund zu strenger Datenschutzvorschriften die europaweite Zusammenarbeit der Polizei behindert wird. Scharfe Kritik gibt es dabei an einer Äußerung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der nach den Anschlägen von Brüssel am Dienstag in den ARD-Tagesthemen gesagt hatte: "Datenschutz ist schön, aber in Krisenzeiten, und darüber hinaus, und wir sind in Krisenzeiten, hat die Sicherheit Vorrang."

Der Minister plädierte unter anderem dafür, "ein sogenanntes Ein- und Ausreiseregister für alle diejenigen führen, die in den Schengen-Raum hineinkommen". Zudem wiederholte er eine Forderung, die er seit 2009 regelmäßig geäußert hat: "Wir brauchen eine Verbindung der getrennten Datentöpfe, die wir haben. Im Visums-Bereich, im Schengen-Bereich, im klassischen Sicherheits- und Fahndungsbereich. " Auf die Frage der Moderatorin, warum die Einrichtung gemeinsamer Datenbanken so lange dauert, antwortete de Maizière: "Das ist europäisches Recht. Wir hatten massive Datenschutzbedenken gegen all das. Vielleicht gibt es sie noch."

Nicht nur Schönwetter-Datenschutz

Diesen Vorwurf wollen sich Datenschützer aber nicht gefallen lassen. "Der Datenschutz ist überhaupt kein Hinderungsgrund. Er wird bei Ermittlungspannen immer nur vorgeschoben", sagte der hessische Datenschutzbeauftragte Michael Ronellenfitsch dem Radiosender hr-Info und fügte hinzu: "Wir haben nicht nur einen Schönwetter-Datenschutz, sondern auch einen Datenschutz für Krisenzeiten." De Maizière habe Unrecht, wenn er dem Datenschutz die Schuld für Defizite bei der Terrorbekämpfung zuweise.

Ähnlich äußerten sich Datenschutzexperten der Grünen. Der Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz sagte im Deutschlandradio Kultur: "Datenschutz ist ein Grundrecht und wir müssen auch in Krisenzeiten unsere Grundrechte verteidigen." Notz forderte den Innenminister auf, Defizite bei der polizeilichen Zusammenarbeit zu beseitigen: "Er muss dafür sorgen, dass wir gleiche Standards auf europäischer Ebene haben, dass es zu Datenaustausch kommt, dass man nicht mehr die Informationen hortet, sondern dass man sie europaweit zusammenführt."

Behörden und Länder trauen einander nicht

ComputerAuch der grüne Europaabgeordnete Jan-Philipp Albrecht lehnt einen solchen Austausch nicht ab. "Der Datenschutz ist kein Hindernis für eine effektive Ermittlungsarbeit, er ist die Voraussetzung", sagte er Zeit-Online und forderte: "Wir brauchen endlich EU-weite Regeln dafür, wie polizeiliche und geheimdienstliche Informationen ausgetauscht werden dürfen." Sinnvoll seien zudem "gemeinsame Ermittlungsteams, zum Beispiel von Polizeistellen aus Molenbeek, Dinslaken und Kopenhagen, wo es jeweils islamistische Szenen gibt".

Selbst de Maizière räumte ein, dass es für die fehlende Kooperation zwischen Geheimdiensten und Polizeibehörden der 28 EU-Länder andere Gründe gibt. "Es gibt gewisse Mentalitäten zwischen den Diensten und den Polizeibehörden. Man traut dem einen europäischen Partner mehr als dem anderen", sagte er den Tagesthemen. Albrecht kritisierte, dass bislang nur eine Handvoll Mitgliedsstaaten vorbehaltlos Informationen und Daten an das neu geschaffene europäische Terrorabwehrzentrum bei Europol liefere. "Andere Länder wollen sich nicht reinreden lassen in die Arbeit ihrer Sicherheitsbehörden", sagte der Grünen-Politiker.

Ungarn will Telefone überwachen

Wie weit die Bürgerrechte in Europa eingeschränkt werden könnten, zeigt das Beispiel Ungarn. Dort will sich die rechtskonservative Regierung neue Vollmachten zur Überwachung der Bürger geben. Geplant seien etwa das Abhören von Telefongesprächen, Lauschangriffe auf die Internet-Kommunikation und der Zugriff auf Bankkonten-Daten, sagte Innenminister Sandor Pinter nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag in Budapest. Ungarn gilt nicht als besonders terrorgefährdet. Kritiker werfen Regierungschef Viktor Orban vor, die Menschen- und Freiheitsrechte einzuschränken und ein autoritäres System zu errichten.

Quelle: Eskin